Das arglistige Verschweigen von Mängeln bei einer Bestandsimmobilie kann zur Unwirksamkeit des vereinbarten Rücktritts- und Gewährleistungsausschluss und damit zur Rückabwicklung eines Kaufvertrages führen, urteilte am 18. Juli 2016 das OLG Hamm (Az. 22 U 161/15).

Fallbeispiel zum Urteil

Der Kläger erwarb ein Wohnhaus, welches über einen im Jahr 1938 errichteten Keller verfügte. Der Käufer erklärte gegenüber der beklagten Verkäuferin bei der Besichtigung, dass an der Kellernutzung zu Lagerzwecken Interesse bestünde. Auf einen Feuchtigkeitsschaden wiesen zwar Abplatzungen im Wandputz hin, jedoch wurde dem Käufer nicht mitgeteilt, dass regelmäßig bei Regen in den Keller breitflächig Wasser eindringt. Die Parteien vereinbarten im Kaufvertrag einen Gewährleistungsausschluss für Sachmängel. Der Kläger verweigerte nach der Übergabe allerdings die Zahlung des Kaufpreises mit dem Hinweis auf das verschwiegene Feuchtigkeitsproblem im Keller und erklärte seinen Rücktritt vom Kaufvertrag.

Folgen des Urteils

Das OLG Hamm gab dem Kläger Recht und entschied, dass der Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt war. Der Kläger war laut Urteil des OLG Hamm berechtigt zum Rücktritt aus dem Kaufvertrag, da das Gericht einen Sachmangel als gegeben ansah, der einer berechtigten Erwartung des Käufers an einen Altbau widerspricht. Sofern tatsächlich Wasser und nicht nur eine leichte Feuchtigkeit in die Kellerräume eindringt, wäre eine Nutzung als Lagerfläche nicht möglich. Da diese Mängel arglistig verschwiegen wurden, stehe gemäß § 444 BGB auch der vereinbarte Gewährleistungsausschluss der Sachmängelhaftung der beklagten Immobilienverkäuferin nicht entgegen.

Fazit zum Urteil

Die Entscheidung des Gerichts präzisiert Folgen und Reichweite der Verletzung von Aufklärungspflichten bei einem Immobiliengeschäft. Der Immobilienverkäufer ist verpflichtet über sämtliche Umstände aufzuklären, die auf die Entscheidung des Käufers Einfluss nehmen könnten. Dies gilt insbesondere, wenn der Käufer konkrete Nutzungsabsichten dem Käufer gegenüber erwähnt und Umstände vorliegen, die einer solchen Nutzung entgegenstehen.

Die Aufklärungspflicht geht so weit, dass nicht nur Fragen des Käufers wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten sind, sondern auch kaufentscheidende Umstände ungefragt offenbart werden müssen. Vom Verkäufer wird die Grenze zur arglistigen Täuschung bereits überschritten, wenn ein Mangel von ihm für möglich gehalten wird und der Verkäufer damit rechnet, dass der Mangel vom Käufer nicht erkannt werden wird.

Nur dann, wenn Mängel bei einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht eine solche Offenbarungspflicht nicht. Marktübliche Enthaftungsklauseln, mit denen der Käufer bestätigt, alle für die Kaufentscheidung maßgeblichen Fragen geklärt zu haben und die Kenntnis aller offengelegten Unterlagen für den Datenraum fingiert wurde, können in einem Prozess nur der Beweiserleichterung dienen. Jedoch täuschen sie nicht darüber hinweg, dass bei einem arglistigen Verschweigen durch den Verkäufer der Käufer ein Anrecht auf Rücktritt vom Kaufvertrag oder auf Schadenersatz hat.

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