§ Urteil: Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund von Mietrückstand – Vermieter darf abwarten

Vermieter von Wohnraum können mehr als ein halbes Jahr abwarten, bevor sie eine Kündigung aufgrund eines Mietrückstands aussprechen, ohne dass das Kündigungsrecht verfällt. So urteilte der BGH mit Urteil Az. VIII ZR 296/15 vom 13. Juli 2016.

Fallbeispiel zum Urteil

Im konkreten Fall klagte eine Kirchengemeinde, einer ehemaligen Küsterin aufgrund eines Zahlungsrückstands der Februar bis April Mieten im Jahr 2013 gekündigt hatte. Die Beklagte wehrte sich gegen die Räumungsklage. Als Begründung führte die Beklagte an, dass die Kündigung mit November 2013 zu spät ausgesprochen worden sei. Das Amtsgericht hatte die Beklagte zunächst zur Räumung verpflichtet, während das Landgericht die Kündigung aufgrund der in § 314 BGB angegebenen Fristenregelung für unwirksam, da verspätet hielt. Das amtsgerichtliche Urteil wurde vom Bundesgerichtshof in der Revision allerdings wiederhergestellt. Es wurde klargestellt, dass in den mietrechtlichen Bestimmungen keine zeitliche Ausübungsgrenze für die Kündigung enthalten sei. Auch aus allgemeinen Vorschriften könnte diese nicht entnommen werden.

Folgen des Urteils

Gemäß § 314 BGB des Mietrechts wird eine fristlose Kündigung im Allgemeinen bei Dauerschuldverhältnissen unwirksam. Diese Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches, die eine angemessene Frist ab der Kündigungsgrunderkenntnis voraussetzt, wurde vom BGH verworfen. Diese allgemeine Regelung würde im Mietrecht nicht gelten, da die dort geregelten Kündigungsgründe speziellere Normen seien, die vorgehen müssten. Der Bundesgerichtshof stützte seine Entscheidung auf den eindeutigen Wortlaut der Mietrechtsreform 2001. Mit diesem Urteil wird die quälende Ungewissheit für die Vermieter beendet. Sowohl für Vermieter mit sozialem Charakter, die den Mietern Zeit einräumen möchten, um die Mietrückstände auszugleichen, als auch für Vermieter, deren Organisation nach der Entdeckung des Mietrückstands eine zeitnahe Kündigung nicht zulässt oder die aus anderen Gründen mit einer Kündigung warten möchten, gibt es nun Gewissheit. Der bloße Ablauf einer Zeit bzw. Frist ist in all diesen Fällen kein Argument für die Unwirksamkeit einer Kündigung. Von anderen Dauerschuldverhältnissen wie dem Arbeitsrecht unterscheidet sich das Mietrecht dementsprechend. Allerdings sollten Vermieter trotzdem nicht völlig sorglos agieren. Wenn nämlich nach dem Zeitablauf besondere Umstände ergeben, aufgrund derer ein Mieter auf endgültigen Kündigungsverzicht vertrauen darf, kann im Einzelfall das Kündigungsrecht anders ausgelegt und verwirkt werden. Eine entsprechende Klärung fehlt übrigens für das Gewerbemietrecht noch. Allerdings ist zu erwarten, dass sich dieser Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats der XII. Zivilsenat ebenfalls anschließen wird, sobald ein entsprechender Präzedenzfall die Gelegenheit dazu bietet.

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