Gemäß Mietrecht reicht eine sogenannte Vorratskündigung nicht aus, da gegenwärtig kein absehbarer Nutzungswunsch vorliegt. Der BGH setzt mit Urteil vom 11.10.2016 (Az. VIII ZR 300/15) bei der Person, die Eigenbedarf anmeldet, einen entsprechenden Nutzungsgrund voraus.

Fallbeispiel zum Urteil

Die Klage wurde eingereicht von der Mieterin einer Einzimmerwohnung. Der beklagte Vermieter hatte das Mietverhältnis aufgrund von Eigenbedarf gekündigt. Als Begründung wurde angegeben, dass die Wohnung „dringend“ benötigt würde um die zum damaligen Zeitpunkt 85-jährige Mutter des Vermieters, die pflegebedürftig war, aufzunehmen. Ein Prozessvergleich beendete den nachfolgenden Räumungsrechtsstreit. Es wurde eine Räumungsfrist bis zum 31.08.2012 von den Parteien vereinbart. Die Mieterin sollte bei fristgerechtem Auszug eine Entschädigung von 1.000 Euro erhalten. Die geräumte Wohnung stand allerdings seit dem Auszug der Mieterin im August 2012 leer. Die Mutter des Vermieters zog nicht ein. Im November 2014 verstarb die Mutter des Vermieters. Nun verlangte die Mieterin Schadenersatz aufgrund von vorgetäuschtem Eigenbedarf.

Folgen des Urteils

Im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt Eigenbedarf nicht vor, wenn die Person, die als Grund für den Eigenbedarf angegeben wurde, gar nicht die Absicht hat, in besagten Wohnraum einzuziehen. Entsprechend reicht eine sogenannte Vorratskündigung, bei der gegenwärtig noch kein Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson erkennbar ist, als Kündigung wegen Eigenbedarf nicht aus. Der Nutzungswunsch muss sich vielmehr so weit „verdichtet“ haben, dass an einer baldigen Eigennutzung ein konkretes Interesse nachgewiesen werden kann. Wird vom Vermieter der Eigenbedarf bzw. Selbstnutzungswille nicht zeitnah zum Auszug des Mieters umgesetzt, so ergibt sich der Verdacht, dass der Eigenbedarf nur als Kündigungsgrund vorgeschoben wurde. Dem Vermieter obliegt in einem solchen Fall die Darlegungslast. Er muss die Umstände, die in seiner Kenntnis liegen, und den Grund für das nachträgliche Entfallen des mit der Kündigung vorgebrachten Eigenbedarfs darlegen. An den Vortrag des Vermieters werden an dieser Stelle strenge Anforderungen gestellt. Wenn der Vortrag des Vermieters dem Maßstab genügt, muss wiederum der Mieter den Beweis für das Gegenteil führen und den Selbstnutzungswillen des Vermieters widerlegen.

Fazit zum Urteil

Die Rechtssprechung zeigt sich durchaus großzügig, wenn ein wirklicher Eigenbedarf nachgewiesen wird. Selbst bei einer Vermieter-GbR wird Eigenbedarf akzeptiert. Allerdings sollten Vermieter von einer Kündigung absehen, solange der Eigennutzungswunsch nicht hinreichend bestimmbar ist. Eine Alternative stellt eine Kündigung zum Zeitpunkt des konkreten Eigenbedarfs dar. Sollte nach dem Auszug des Mieters die Selbstnutzung nicht in absehbarer Zeit umsetzbar sein, so ist es ratsam für den Vermieter, die Gründe für den Verzug beim Eigenbedarf sorgfältig zu dokumentieren.

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